Der Ausflug des Seniorenverbands Reutlingen führte Anfang Juli nach Ulm, und schon während der Busfahrt erhielten die 20 Teilnehmenden vom Organisator Uwe Endlich Informationen zur Geschichte der Zweilandstadt zwischen BW und Bayern, zum Schneider von Ulm, zum Ulmer Spatz und den Ulmer Schachteln. Das vorgermanische Wort ulmic bedeutet wässrig, feucht, sumpfig und gilt als Namensgeber für die Stadt, wo an der Mündung der Flüsse Blau und Iller in die Donau auf einem hochwasserfreien Plateau die fränkische Königspfalz „Hulma palatium regium“ lag, erstmals erwähnt 854 als zeitweiliger Aufenthaltsort Ludwigs des Deutschen.
Bereits um 1265 erhielt Ulm Stadtstatus, kurz danach wurde es Freie Reichsstadt. Die zu Reichtum gekommene Großbürgerschaft gab sich 1397 nach fünfzigjährigen harten Auseinandersetzungen in dem „Großen Schwörbrief“ eine demokratische Verfassung, kraft welcher patrizische Kaufleute und Angehörige der Zünfte gleichberechtigt Anteil am Stadtregiment hatten. Die Schwurformel wurde jährlich bei der Vereidigung des Bürgermeisters und der Eidesleistung der Bürger neu verlesen. Der Schwörmontag (vorletzter Montag im Juli) ist seither ein Ulmer Feiertag.
Durch seine Lage am Knotenpunkt mehrerer Handels- und Pilgerrouten, u.a. dem Jakobsweg nach Santiago de Compostella in Spanien, entwickelte sich Ulm im Spätmittelalter zu einem führenden Handels- und Kunstzentrum in Süddeutschland. Ab dem späten 17. Jahrhundert wurde Ulm zum zentralen Sammlungsort für meist schwäbische Auswanderer, die auf „Ulmer Schachteln“ (Ein-Weg-Boote aus Holz) die neuen Länder in Südosteuropa erreichten und die Volksgruppe der Donauschwaben bildeten.
Durch Napoleons Neuordnung Europas wurde Ulm vom Königreich Bayern an das Königreich Württemberg übergeben. Der kleinere, aber für Ulm wirtschaftlich wichtigere südliche Teil des vormaligen Ulmer Territoriums blieb bayerisch, wurde „Ausland“ und bildete den Grundstock der künftigen Stadt Neu-Ulm. Ulm ist seit 1952 baden-württembergisch, während Neu-Ulm weiterhin zu Bayern gehört.
Die mittelalterliche Altstadt Ulms zählte zu den größten und bedeutendsten in Süddeutschland, bis 1944 als Folge des britischen Großangriffs vom 17. Dezember 1944 81 % der historischen Altstadt zerstört waren, wobei das Münster jedoch weitgehend verschont blieb. Einzelziele der Bombenangriffe in der Weststadt waren v.a. die Magirus-Werke und die LKW-Fabriken von Magirus-Deutz und Kässbohrer. Ulm war nach Kriegsende Teil der Amerikanischen Besatzungszone und gehörte somit seit 1945 zum neu gegründeten Land Württemberg-Baden, das 1952 im jetzigen Bundesland Baden-Württemberg aufging.
Das Programm begann mit einer zweistündigen Führung durch das idyllische Fischer- und Gerberviertel, ging vorbei am Schiefen Haus und am Schwörhaus, und zur Stadtmauer, wo an der nahegelegenen Adlerbastei 1811 der Flugversuch von Albrecht Berblinger, dem Schneider von Ulm, missglückte, der mit seinem Flugapparat die Donau überqueren wollte. Die City-Tour endete mit der Besichtigung des gotischen Münsters, dessen Bau 1377 begann, 1890 beendet wurde und dessen Kirchturm mit 161,53 Metern der höchste der Welt ist – bislang, denn zum 100. Todesjahr des katalanischen Architekten Antoni Gaudi im Jahr 2026 soll der Bau des zentralen Turms der Basilika Sagrada Familia in Barcelona abgeschlossen sein – dann mit einer Höhe von 172 Metern.
Nach dem Mittagsessen im italienischen Restaurant L’Osteria ging die Gruppe in das Museum Brot und Kunst, das seit 1991 mitten in Ulm im Renaissancegebäude „Salzstadel“ untergebracht ist. In einer eindrucksvollen Führung durch die Museumsräume wurden Techniken der Brotherstellung und die vielschichtige Kultur- und Sozialgeschichte des Brotes erläutert. Mit einem Abendessen in Feldstetten im Restaurant Hotel Post fand der Tag einen gemütlichen Abschluss.